Chancen und Riskien: Wie Ärzte im Netz rechtssicher werben

Manchmal sind Patienten ihren Ärzten einen Schritt voraus: Während sie online nach einer neuen Praxis suchen, zögern viele Ärzte noch immer, Praxismarketing strategisch anzugehen und ihre Leistungen im Internet bekannt zu machen. Das über Jahrzehnte gültige Werbeverbot hat sich tief ins Gedächtnis eingegraben. Dabei ist es Ärzten längst erlaubt, auf sich und ihre Leistungen direkt aufmerksam zu machen.

(Letzte Aktualisierung des Artikels am 22.01.2018)

Neue Zeiten, neue Gesetze

Im Jahr 2002 war es soweit. Als der 105. Ärztetag in Rostock beschloss, dass Ärzte berufsbezogene Informationen über ihre Praxis verbreiten dürfen, war das strikte Werbeverbot gefallen. Was früher kritische Blicke erntete, wurde plötzlich Grundrecht und Teil der ärztlichen Berufsfreiheit. Davon sollten nicht nur die Ärzte, sondern auch Patienten profitieren. „Information, die vom Patienten nachgefragt wird und die von den Leistungserbringern im Gesundheitswesen inhaltlich richtig […] an den Patienten herangetragen wird, verbessert die Beziehung zwischen Arzt und Patienten“, so die frühere Bundesverfassungsrichterin Renate Jæger. Patienten werden immer wählerischer und informieren sich genau, bevor sie sich für eine neue Praxis entscheiden. Die EU erkannte die Lage und forderte, die Vorschriften erneut zu lockern.

Als 2012 das „Zweite Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften“ in Kraft trat, eröffneten sich wieder neue Spielräume für Ärzte. Was einerseits erfreulich war, erzeugte anderseits aber auch Unsicherheit unter der Ärzteschaft. Wie dürfen wir jetzt werben? Was bleibt verboten? Auch das Internet bietet in diesem Falle nur bedingt Hilfe, da die auffindbaren Informationen häufig veraltet und folglich unzuverlässig sind. Dieser Artikel fasst die aktuelle Gesetzeslage zusammen.

Was ist erlaubt? Was weiterhin verboten?

Fast 23 Prozent der Ärzte fürchten die rechtlichen Unsicherheiten, die mit dem Schritt ins Netz verbunden sind – so die Stiftung Gesundheit. Das ist auch einer der Hauptgründe, warum viele Ärzte noch immer keine Praxis-Webseite haben. Dass sich dort mittlerweile 70 Prozent der Patienten tummeln und nach einem neuen Arzt suchen, scheint ihnen gar nicht bewusst zu sein. Die Gesellschaft ist insgesasmt mobiler geworden, entsprechend hoch ist die Wechselbereitschaft der Patienten.

Die Musterberufsordnung, das Heilmittelwerbegesetz und das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb definieren auch weiterhin die Grenzen des Arztwerberechts. Allen noch gültigen Einschränkungen liegt der Wunsch zugrunde, den Patienten zu schützen. Die Berufsethik des Arztes, den Menschen und nicht das Geld in den Mittelpunkt zu stellen, soll auf keinen Fall beschädigt werden. Berufswidrige Werbung ist deshalb nach wie vor verboten. Dazu zählt vor allem „vergleichende, anpreisende und irreführende“ Werbung. Doch was heißt das in der Praxis?

Lieber hoch- als grenzwertig: Texte im Licht des Arztwerberechts

Rund 70 Prozent der Ärzte, die Marketing betreiben, haben eine eigene Praxishomepage. Diese lebt vor allem von Bildern und Texten, die Patienten wertvolle Informationen zur Verfügung stellen. Mitunter ist der Grat zwischen Information und Werbung allerdings schmal.

Mit sachlichen, berufsbezogenen Informationen sind Ärzte in der Regel auf der sicheren Seite, denn § 27 Abs. 1 der Musterberufsordnung erlaubt diese Art der Werbung ausdrücklich. Reißerische Slogans, die keine relevanten Aussagen enthalten, sind dagegen untersagt. Phrasen wie „Bei uns sind Sie bestens versorgt“ oder „Wir werden die Behandlung äußerst schonend vornehmen“ sind zwar auf vielen Praxis-Webseiten zu lesen, streng genommen aber unzulässig. Bieten Sie Ihren Lesern lieber interessante Informationen mit echtem Mehrwert.

Das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb verbietet darüber hinaus „vergleichende“ und „irreführende“ Werbetexte. Vergleiche mit Kollegen oder Texte, die einen falschen Eindruck beim Patienten hinterlassen, sind daher zu meiden. Auch Texte, die nicht die Leistungen, sondern die Person des Arztes völlig in den Mittelpunkt rücken, sind als „berufswidrige Werbung“ anzusehen. Gleiches gilt für unklare und unwahre Berufsbezeichnungen. Nebenwirkungen zu verschweigen, wissenschaftlich umstrittene Heilwirkungen sowie Erfolgsversprechen zu propagieren ist ebenfalls tabu. Auch sollten niemals Patienten-Ängste geschürt oder ausgenutzt werden.

Weil ein Bild mehr als 1000 Worte sagt …

… kommt keine Praxishomepage ohne grafische Unterstützung aus. Bilder vom Team und den Räumlichkeiten gewähren den Patienten Einblicke in die Praxis. Sie schaffen Erstvertrauen und durchbrechen die virtuelle Anonymität. Zudem geben Bilder einen großen Spielraum, um Ihre Leistungen bildlich darzustellen. Doch achten Sie darauf, dass die Bilder keine Hinweise auf gewerbliche Dritte, etwa durch Markennamen, enthalten.

Die Versuchung ist groß, den Erfolg einer Behandlung durch Vorher-Nachher-Bilder zu verdeutlichen. Seit der Gesetzesänderung von 2012 dürfen Sie das sogar – sofern Sie die Bilder nicht in “irreführender, abstoßender oder missbräuchlicher Weise” verwenden. Ein Arzt, der Lippenherpes behandelt, darf seine Erfolge beispielsweise auf Bildern präsentieren, solange die Erkrankung und der Heilungerfolg nicht in übertriebener Weise dargestellt werden. Lediglich bei plastisch-ästhetischen Operationen sind Vorher-Nachher-Bilder durchgängig verboten.

Patientenempfehlungen richtig nutzen

Wer seine Internetpräsenz weiter ausbauen möchte, kann zudem Social-Media und Patientenfeedback nutzen. Auch in diesem Bereich gab es 2012 wesentliche Änderungen: Empfehlungen, die der Arzt von seinen Patienten erhält, darf er nun auch auf seiner Webseite einbinden. Solange keine prominenten Patienten zu Arzneimittelgebrauch aufrufen und Bewertungen weder gefälscht noch missbräuchlich verwendet werden, nimmt die Rechtssprechung keinen Anstoß an Patientenfeedbacks. Übrigens dürfen Ärzte infolge der Gesetzesänderung nun auch mit Zeugnissen und der Veröffentlichung sachlicher Fachartikel werben.

Facebook: Grauzonen meiden

Auch Facebook ist kein rechtsfreier Raum. Achten Sie hier ebenfalls darauf, dass alle Inhalte und Bilder den oben beschriebenen Richtlinien entsprechen. Wenn Sie Fotos von Bilddatenbanken verwenden, sollten Sie darüber hinaus an das Copyright denken. Außerdem braucht Ihr Facebook-Profil ein vollständiges Impressum. Wenn Sie Selbstzahlerleistungen anbieten, muss es übrigens auch die Umsatzsteuer-ID enthalten.

Von der Einbindung eines Buttons, der Ihre Homepage mit Ihrem Facebook-Profil verbindet, sollten Sie entweder absehen oder eine spezielle Regelung beachten. Da mit einem Klick personenbezogene Daten übermittelt werden (die sogenannte IP-Adresse), muss der Patient diesem Datentransfer zustimmen.

Vorsicht bei Rabattportalen

Rabattportale wie Groupon sind sowohl bei Usern als auch bei Unternehmern äußerst beliebt: Schnäppchen schonen den Geldbeutel der Verbraucher und steigern den Umsatz der Unternehmen. Doch da Rabattportale meist aufdringlich werben und sich am Umsatz beteiligen, ist Ärzten diese Form der Marketings verboten. Anders bei klassischen Gewinnspielen. Die sind erlaubt, solange sie nicht Überhand nehmen oder risikobehaftete Behandlungen verbreiten.

Die Rolle des Arztes wandelt sich. War es früher genug, mit komplexem Fachwissen zu glänzen, sehen sich Ärzte heute steigendem Wettbewerbsdruck ausgesetzt. Über 50 Prozent der Ärzte halten Marketing für wichtig – und müssen sich in neue Aufgabenfelder einarbeiten. Die vielen Änderungen des Arztwerberechts, schwammigen Gesetzestexte und fehlenden Rechtssprüche machen die Sache sicher nicht einfacher.

Falls Sie einen kompetenten Partner für Ihr Praxismarketing benötigen, stehen wir Ihnen gerne zur Seite – zum Beispiel mit hochwertigen Texten für Ihre Praxis-Webseite. Kontaktieren Sie uns gern! 

Abschließend unsere Checkliste, die noch einmal gegenüberstellt, wie Ärzte werben dürfen und wie nicht:

Checkliste: So dürfen Ärzte werben

ErlaubtVerboten
+ Sachliche Information– Reißerische Reklame
+ Korrekte Darstellung der Tatsachen– Irreführende Werbung
+ Interessante Fakten– Floskeln ohne Mehrwert
+ Darstellung anerkannter Verfahren– Erfolgsgarantie, umstrittene Methoden
+ Darstellung des Leistungsspektrums– Arzt im Mittelpunkt
+ Reale Vorher-Nachher-Bilder– Übertriebene Vorher-Nachher-Bilder
+ Fotos der Praxisausstattung– Bilder mit sichtbarem Markennamen
+ Echte Empfehlungen– Gefälschte Patienten-Feedbacks
+ Korrekte Facebook-Posts– Falsche Berichte in Social-Media-Kanälen
+ Gewinnspiele– Rabattportale

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